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Zwischen Fachwerk und Forschung Lemgo, die Stadt der tausend Gesichter

today28. Juli 2025

Hintergrund
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Wer durch die engen Gassen der historischen Altstadt schlendert, glaubt sich in einem Bilderbuch aus der Weserrenaissance wiederzufinden. Und doch liegt über den alten Dächern dieser Stadt ein moderner Wind denn Lemgo, die einstige Hansestadt im Kreis Lippe, hat sich leise, aber entschieden zur Zukunftsstadt gewandelt. Was hier geschieht, ist ein seltenes Zusammenspiel aus Geschichte, Innovation und Lebensqualität.

Eine Stadt mit Rückgrat seit über 800 Jahren
Bereits um 1190 gegründet, war Lemgo eine Handelsdrehscheibe und wurde 1295 Mitglied der Hanse. Ihre Bürger setzten Zeichen  nicht nur wirtschaftlich, sondern auch geistig. Als Fürst Simon VI. im 17. Jahrhundert den Calvinismus durchsetzen wollte, widersetzte sich die Stadt. Mit Erfolg: Im Frieden von Röhrentrup erstritten sich die Lemgoer das Recht auf religiöse Selbstbestimmung. Eine Emanzipation, die bis heute in der Haltung der Stadt spürbar ist.

Hightech trifft Hexenturm
Heute stehen im Schatten des mittelalterlichen Hexenbürgermeisterhauses futuristische Forschungseinrichtungen. Der Innovation Campus Lemgo ist ein Paradebeispiel für das, was möglich ist, wenn Tradition nicht als Stillstand, sondern als Fundament verstanden wird. Auf rund 32 Hektar forschen hier Fraunhofer-Institute, Studierende der Technischen Hochschule OWL und mittelständische Unternehmen an Industrie 4.0, künstlicher Intelligenz und Digitalisierung.

„Was in Lemgo passiert, ist einzigartig in Europa“, sagt Prof. Dr. Jürgen Jasperneite vom Centrum Industrial IT. „Hier entwickelt sich eine Smart City direkt neben einem UNESCO-geschützten Rathaus.“

Zwischen Wippermannschem Haus und Weltmarkt
Die Wirtschaft in Lemgo steht auf soliden Füßen. Ob Medizintechnik von Brasseler, Präzisionssitze von ISRI oder Lichtsysteme von Zumtobel die Stadt beherbergt echte Hidden Champions. Und das in direkter Nachbarschaft zu Baudenkmälern wie dem reich verzierten Junkerhaus oder dem imposanten Schloss Brake.

„Ich habe selten eine Stadt gesehen, die so viele architektonische Kleinode auf so engem Raum vereint“, schwärmt Architektin Anne Schmitz, die regelmäßig Stadtführungen gibt.

Kultur, die atmet
Auch kulturell ist Lemgo keine Provinz. Ob Stadtmuseum, Kunstgalerie oder die traditionsreichen Hansetage das Programm ist so vielfältig wie die Geschichte der Stadt. In der Lipperlandhalle jubeln Tausende dem Handball-Bundesligisten TBV Lemgo zu, während draußen Weihnachtsmarktbuden dampfen und mittelalterliche Märkte die Plätze beleben.

Zwischen Teutoburger Wald und Technologiestandort
Geografisch günstig zwischen Weserbergland und Teutoburger Wald gelegen, bietet Lemgo auch naturhungrigen Städtern Ausgleich. Die Flusslandschaft der Bega, Wanderrouten wie der Hermannsweg und die Nähe zu Bielefeld (27 km) machen die Stadt zu einem attraktiven Wohnort für Familien, Forschende und Kreative gleichermaßen.
Lemgo ist ein Ort, an dem Altes nicht verstaubt und Neues nicht überstürzt wird. Wer sich ein Bild von Deutschlands Stadt der tausend Gesichter machen will, sollte Lemgo besuchen oder gleich bleiben.

Geschrieben von: Florian Jäger

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