Wirtschaft

EU plant vollständigen Ausstieg aus russischem Gas bis 2027 – Nord Stream endgültig vor dem Aus

today18. Juni 2025

Hintergrund
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Neue Strategie der EU-Kommission soll Energieabhängigkeit reduzieren und Putins Kriegskasse austrocknen

Brüssel. Die Europäische Union will endgültig einen Schlussstrich unter ihre Gasimporte aus Russland ziehen. Nach Plänen der EU-Kommission soll ab Ende 2027 kein russisches Gas mehr in die Mitgliedsstaaten gelangen – weder über Pipelines noch in verflüssigter Form (LNG). Der Plan, den EU-Energiekommissar Dan Jørgensen am Dienstag vorstellte, sieht einen „geordneten und stufenweisen“ Ausstieg vor.

Zunächst soll ab 2026 der Abschluss neuer Lieferverträge mit russischen Unternehmen untersagt werden. Auch der kurzfristige Kauf über den sogenannten Spotmarkt soll ab diesem Zeitpunkt verboten sein. Im zweiten Schritt sollen die bestehenden langfristigen Verträge bis spätestens Ende 2027 auslaufen – ein Vorhaben, das sowohl wirtschaftlich als auch juristisch heikel ist.

„Der Import von russischem Gas stellt eine sicherheitspolitische Bedrohung für Europa dar“, erklärte Jørgensen. Man wolle damit die Energieunabhängigkeit der EU stärken und gleichzeitig Einnahmen reduzieren, mit denen „Putin seinen Krieg finanziert“.

Nord Stream endgültig passé

Mit dem geplanten Importverbot wäre auch jede Spekulation über eine mögliche Wiederinbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines vom Tisch. Diese wurden zwar im Zuge des Ukraine-Kriegs nicht mehr genutzt, gelten jedoch noch immer als politisch brisantes Symbol enger Energieverflechtung mit Russland.

Abhängigkeit bleibt – vorerst

Trotz aller Sanktionen flossen auch im Jahr 2024 noch rund 19 Prozent der Gasimporte der EU aus Russland – darunter auch große Mengen Flüssigerdgas. Nach Angaben der EU-Statistikbehörde Eurostat belief sich der Wert dieser Importe allein im laufenden Jahr auf rund 15,6 Milliarden Euro.

Dass dieser Energiezufluss nun gestoppt werden soll, stößt nicht überall auf Zustimmung. Vor allem Ungarn und die Slowakei, die stark auf russisches Pipeline-Gas angewiesen sind, kündigten Widerstand an. Für sie sollen laut Kommissionsvorschlag jedoch begrenzte Ausnahmen gelten.

Wenig Auswirkungen auf Verbraucher erwartet

Die Kommission versichert, dass die Maßnahmen keine gravierenden Auswirkungen auf die Verbraucherpreise oder die Versorgungssicherheit haben sollen. Die Marktbedingungen und bestehende Importinfrastruktur innerhalb der EU seien ausreichend, um die Ausfälle zu kompensieren. „Kein Mitgliedstaat wird infolge dieses Vorschlags ohne Energie dastehen“, so Jørgensen.

Betroffen: auch deutsche Unternehmen

Sollte der Vorschlag umgesetzt werden, könnte er auch Folgen für deutsche Energieunternehmen haben – darunter das bundeseigene Unternehmen Sefe, ehemals Gazprom Germania. Es importiert weiterhin russisches LNG auf Basis langfristiger Verträge, die rechtlich schwer kündbar sind. Selbst bei Nichtabnahme müssten die vereinbarten Mengen bezahlt werden – ein Umstand, der indirekt Russlands Wirtschaft weiter stützt.

Fazit: Ein politisches wie wirtschaftliches Signal

Mit dem geplanten Importverbot sendet Brüssel ein deutliches Signal: Die Zeiten strategischer Energieabhängigkeit von Russland sollen endgültig vorbei sein. Doch der Weg dahin ist komplex – rechtlich, wirtschaftlich und politisch. Ob der Ausstieg wie geplant gelingt, hängt nicht zuletzt von der Geschlossenheit der EU-Mitgliedstaaten ab.

Geschrieben von: Florian Jäger

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