Listeners:
Top listeners:
ElectronicFlow Radio Regionalradio für Lemgo
Eichsfeld Welle Regionalradio für den Landkreis Eichsfeld
Sound-Phoenix Regionalradio für Drebber
FLR1 Regionalradio für Witten
SchlagerMax 100% Schlager
today16. Mai 2025
Der Eurovision Song Contest war ja nie nur ein Gesangswettbewerb. Er ist ein Lagerfeuer der europäischen Idee, schrilles Schaufenster kultureller Eigenheiten – und auch in diesem diesem Jahr wieder: DIE außenpolitische Zündschnur mit Discokugel. Es ist der 69. ESC und da durften in den beiden Halbfinalen keine erotischen Ausrutscher fehlen. Vom Milksshake Man (mit viel Sahne) bis zum Ausruf „Ich komme“ war es aufgeheizt und aufgeladen. Nur Malta musste den Song „Kant“ (auf maltesisch „Gesang“) wegen Verwechslung mit einem Schimpfwort ändern. Man ließ das Wort einfach weg.
In der St. Jakobshalle in Basel trafen gestern Abend (15.05.2025) also nochmals 16 Nationen – manche musikalisch, manche eher tänzerisch auffallend, andere dafür moralisch. Neben epischen Choreos, Pyro-Eskapaden und dem finnischen Beitrag „Ich Komme“ (ja, Finnland hat mal wieder Humor), schwebte nicht nur die Finnin Erika Vikmann (ja, der Name ist NICHT ausgedacht) über der Bühne, sondern über allem eine Frage: Darf ein Wettbewerb, der sich als unpolitisch bezeichnet, eigentlich die Realität ausblenden?
Mit der israelischen Kandidatin Yuval Raphael stand eine Künstlerin auf der Bühne, deren bloße Anwesenheit Proteste provozierte. Raphael, Überlebende des Nova-Festival-Angriffs vom 7. Oktober 2023, performte „New Day Will Rise“ – ein hoffnungsvoller, balladesker Aufruf zur Erneuerung.
Doch die Kulisse war von Anfang an aufgeladen: Draußen vor der Halle – und teils auch drinnen – versammelten sich in den letzten Tagen Demonstrierende mit palästinensischen Flaggen. Während der Proben zum israelischen Beitrag flogen Buhrufe und Trillerpfeifen und mehrere Aktivist:innen wurden am Donnerstag noch aus der Halle begleitet. Ein besonders unschöner Vorfall: Beim „Turquoise Carpet“-Event am sonntag, bei dem die Künstler:innen vorgestellt werden, zeigte ein Demonstrant gegenüber Yuval Raphael eine als „Kehle-durchschneiden“-Geste. Der Veranstalter reagierte empört und die Sicherheitskräfte schnell. Die Stimmung in Basel erinnert bei sowas weniger an „Douze Points“ als an eine diplomatische Verlegenheitsgeste.
Der Fall Israel spaltete nicht nur das Publikum, sondern auch die ESC-Gemeinde selbst:
Über 70 ehemalige ESC-Teilnehmer – darunter einige Sieger:innen – forderten öffentlich den Ausschluss Israels vom Wettbewerb.
In den spanischen Medien monierten Kommentatoren die „scheinbare politische Neutralität“ der EBU und forderten eine neue Debatte über Verantwortung und Haltung gegenüber weltpolitischen Konflikten.
Die EBU (Europäische Rundfunkunion) hielt dagegen: Der ESC sei kein politisches Instrument – auch wenn sich die Realität offensichtlich nicht an diesen Wunschzettel hält.
Abseits dieser Konflikte wurde auch gesungen – und wie. Hier ein paar Kuriositäten aus der nicht minder spektakulären Performance-Schlacht:
Finnland schickte, wie zuvor erwähnt, Erika Vikman mit „Ich Komme“ ins Rennen – Eurodance mit Sexappeal, finnischem Textwitz und maximaler Bühnenenergie. Am Ende ging sie sogar in die Luft (nicht wörtlich gemeint). Ein Titel, der vermutlich in 13 Sprachen falsch übersetzt wurde, aber in allen Sprachen für Gesprächsstoff sorgt.
Österreichs JJ liess mit „Wasted Love“ eine ätherische Rave-Ballade im Opernstil vom Stapel, als hätten sich Mozart und Conchita mit einem Wiener Club-DJ zusammengetan.
Litauen und Griechenland schickten melancholisch-melodiöse Beiträge ins Rennen, einer schräger als der andere, während Luxemburgs Laura Thorn mit „La Poupée Monte Le Son“ irgendwo zwischen Chanson, Barbiecore und Vogue-Tanztheater unschuldig vor sich hin tanzte und sang. Das muss es beim 69. ESC halt auch geben: die Prise Unschuld…
Australien, Tschechien, Serbien und Georgien schieden aus – teils verdient, teils überraschend. Wirklich besonders bitter: Go-Jo aus Down Under mit dem ironischen Titel „Milkshake Man“ – leider kein Voting-Favorit, dafür ein Final-Aus mit viel cremigem Schaum.
🇱🇹 Litauen – „Tavo Akys“
🇮🇱 Israel – „New Day Will Rise“
🇦🇲 Armenien – „Survivor“
🇩🇰 Dänemark – „Hallucination“
🇦🇹 Österreich – „Wasted Love“
🇱🇺 Luxemburg – „La Poupée Monte Le Son“
🇫🇮 Finnland – „Ich Komme“
🇱🇻 Lettland – „Bur Man Laimi“
🇲🇹 Malta – „Serving“
🇬🇷 Griechenland – „Asteromáta“
Am nächsten Samstag (17. Mai 2025) treten im großen ESC-Finale nun also wieder 26 Länder an: 10 aus dem ersten Halbfinale, 10 aus dem Zweiten, plus die Big Five – U.K., Frankreich, Italien und Deutschland (mit dem Duo Abor & Tynna) und Gastgeber Schweiz.
Zwischen Turquoise Carpet und Trillerpfeifen, Tanznebel und Tränenspuren bleibt eine Erkenntnis: Der ESC kann den politischen Wind nicht kontrollieren – aber er kann zeigen, wie bunt die Welt klingt, selbst wenn sie draußen tobt.
Geschrieben von: stanley.dost
Copyright 2025 by HörfunkBund e. V.
Beitrags-Kommentare (0)