Listeners:
Top listeners:
ElectronicFlow Radio Regionalradio für Lemgo
Eichsfeld Welle Regionalradio für den Landkreis Eichsfeld
Sound-Phoenix Regionalradio für Drebber
FLR1 Regionalradio für Witten
SchlagerMax 100% Schlager
Die Umstellung des Nahverkehrs in Bielefeld sollte moderner und bequemer werden: weniger Papier, mehr digitale Möglichkeiten und schnellere Abläufe. Doch die Abschaffung der klassischen Stempel- und Vierer-Tickets sorgt bei vielen Fahrgästen für Frust. Seit der Einführung der neuen digitalen Ticketformen häufen sich die Beschwerden – von Unklarheiten beim Kauf über technische Probleme bis hin zum Gefühl, von der Entwicklung abgehängt zu werden.
Die Digitalisierung der Tickets trifft auf sehr unterschiedlichen Nutzergruppen. Während viele junge Menschen längst an Smartphone-Apps und Online-Bezahlsysteme gewöhnt sind, fühlen sich ältere und weniger technikaffine Fahrgäste ausgeschlossen. Wer bislang einfach in den Bus stieg und sein Ticket entwertete, muss sich nun mit Prepaid-Karten, Clip-Funktionen und QR-Codes rumschlagen. Für einige ist das kein Fortschritt, sondern eine Barriere. Verkaufsstellen sind teils schwer zu finden, Angaben im Internet stimmen nicht immer, und im Servicezentrum bilden sich lange Schlangen. Was als moderne Lösung gedacht war, wird für manche zum Hindernis im Alltag.
Technikpannen und fehlende Lösungen
Besonders problematisch ist, dass die Prepaid-Karte bisher nur in Bussen eingesetzt werden kann, nicht jedoch in Straßenbahnen. Wer also zwischen beiden Verkehrsmitteln wechseln möchte, steht vor praktischen Schwierigkeiten. Auch technische Pannen sorgen für Verunsicherung: Karten werden nicht erkannt, Verbindungen brechen ab, und das mobile Internet reicht an manchen Haltestellen schlicht nicht aus, um ein digitales Ticket zu laden. In einer Stadt, die viele ältere Bürgerinnen und Bürger sowie Gelegenheitsfahrerinnen und -fahrer mobil halten möchte, wirkt diese Situation paradox.
Der Wegfall der beliebten Vierer-Tickets hat die Unzufriedenheit zusätzlich verstärkt. Das kleine, rabattierte Kärtchen war über Jahrzehnte ein unkomplizierter Begleiter für Menschen, die regelmäßig, aber nicht täglich Bus oder Bahn nutzten. Nun müssen sie entweder auf Einzelfahrscheine umsteigen oder Guthaben aufladen – ohne den gewohnten Preisvorteil. Viele empfinden das als unfaire Veränderung und fühlen sich in ihrer Flexibilität eingeschränkt. Der spontane Entschluss, „mal eben in die Stadt zu fahren“, ist für manche nun mit Unsicherheit verbunden, weil sie nicht wissen, wo und wie sie ein Ticket kaufen können.
Gute Idee, schlechte Umsetzung
Die Kritik richtet sich dabei weniger gegen die Digitalisierung selbst als gegen deren Umsetzung. Die Technik an sich wird durchaus als sinnvoll und zukunftsorientiert gesehen, doch viele bemängeln den Mangel an klarer Kommunikation, an Schulungsangeboten und an Verständnis für diejenigen, die mit digitalen Anwendungen noch Schwierigkeiten haben. Die Einführung sei zu abrupt erfolgt, ohne genügend Begleitung oder Erklärungen. Wer Hilfe sucht, stößt oft auf überlastete Servicepunkte oder unklare Anleitungen. Die Folge ist Entfremdung – genau das Gegenteil dessen, was der öffentliche Nahverkehr eigentlich erreichen möchte.
Am Ende bleibt ein zwiespältiger Eindruck. Die Digitalisierung der Bielefelder Tickets ist ein Schritt in die richtige Richtung – theoretisch modern, ökologisch sinnvoll und technisch zeitgemäß. Doch der Weg dorthin ist für viele steinig. Wer die Menschen wirklich mitnehmen will, muss ihnen mehr bieten als eine App und eine Karte. Fortschritt entsteht nicht allein durch neue Technik, sondern, dass alle daran teilhaben können.
Geschrieben von: Gunnar Noll
Bielefeld Digitalisierung Frust Geduldsprobe tickets Umstellung
today7. Oktober 2025
Copyright 2025 by HörfunkBund e. V.
Beitrags-Kommentare (0)