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Pleitewelle rollt über OWL – Traditionsbetriebe kämpfen ums Überleben

today23. September 2025 5

Hintergrund
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Die wirtschaftliche Seele Ostwestfalen-Lippes gerät ins Wanken. Während einzelne Unternehmen jubeln und Umsatzrekorde feiern, geraten immer mehr Betriebe in existenzielle Not. Insolvenzmeldungen reißen nicht ab – und mit ihnen wächst die Angst vor einer Pleitewelle, die das Rückgrat der Region treffen könnte.

Besonders schmerzt es, wenn große Namen fallen: Das Vapiano in Bielefeld, der Möbelhersteller Röhr-Bush oder die traditionsreiche Firma Dresselhaus – bekannte Marken, die bisher fest zur regionalen Identität gehörten, sind plötzlich Synonyme für Schließung, Stillstand und Entlassungen, berichtet die Neue Westfälische unter anderem.


Zahlen, die unter die Haut gehen

Die nüchterne Statistik der Industrie- und Handelskammer (IHK) hat es in sich: 305 Insolvenzen im ersten Halbjahr 2025 – ein Plus von 13 Prozent. Hinter jeder Zahl stehen Schicksale: leere Werkshallen, bange Gesichter, Familien, die um ihre Zukunft fürchten.

Besonders hart trifft es Branchen, die einst als Fels in der Brandung galten:

  • Verarbeitendes Gewerbe: 53 Insolvenzen – ein Anstieg um dramatische 43 Prozent.

  • Baugewerbe: 45 Betriebe meldeten Insolvenz an – trotz voller Auftragsbücher, aber ohne Luft zum Atmen.

  • Gastgewerbe: 36 Schließungen, ein bitteres Signal für eine Branche, die erst mühsam aus der Pandemie herausgefunden hatte.

Im Kreis Paderborn schnellten die Insolvenzen um fast 45 Prozent in die Höhe, in Minden-Lübbecke sogar um erschütternde 67 Prozent.


Ernüchterung nach großen Versprechen

Noch im Wahlkampf versprach Bundeskanzler Friedrich Merz einen „wirtschaftlichen Aufbruch“. Doch die Realität in OWL erzählt eine andere Geschichte. „Von Aufbruch ist hier nichts zu sehen“, kritisiert IHK-Präsident Jörn Wahl-Schwentker gegenüber der Neuen Westfälischen. „Wir stehen bestenfalls am Anfang – von einer Trendwende kann keine Rede sein.“

Bundesweit steuern die Insolvenzen auf ein Zehn-Jahres-Hoch zu. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer rechnet mit über 22.000 Pleiten in diesem Jahr – das sind 22.000 Betriebe, deren Mitarbeiter und Familien vor dem Nichts stehen könnten.


Wenn Zahlen zu Gesichtern werden

Es sind nicht nur kalte Prozentwerte, es sind Geschichten: Die Köchin, die nach zwanzig Jahren plötzlich arbeitslos ist. Der Kfz-Meister, der den Schlüssel zu seiner Werkstatt schweren Herzens abgibt. Die jungen Azubis, die ihre Zukunftspläne in Scherben sehen.

OWL ist geprägt von Mittelständlern, von Familienbetrieben, von Menschen, die Herzblut in ihre Firmen stecken. Wenn diese wegbrechen, verliert die Region nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch ein Stück Identität.


Hoffnung oder letzte Chance?

Noch liegt das Insolvenzgeschehen in OWL im langfristigen Vergleich nicht auf Rekordniveau. Doch die Entwicklung zeigt: Die Zeit zum Handeln läuft ab. Unternehmen fordern von der Politik keine weiteren Versprechungen, sondern konkrete Entlastungen – bei Energiekosten, Steuern und Bürokratie.

„Wenn jetzt nichts passiert, verlieren wir mehr als nur Unternehmen. Wir verlieren Vertrauen in die Zukunft“, heißt es aus Unternehmerkreisen.

Die Frage bleibt: Wird OWL die Trendwende schaffen – oder rollt die Pleitewelle unaufhaltsam weiter?

Geschrieben von: stanley.dost

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