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Verdachtskündigung: Wenn schon der Verdacht das Arbeitsverhältnis beendet

today15. September 2025

Hintergrund
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Die Unschuldsvermutung gilt als Grundpfeiler des Rechtsstaats und ist in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert, berichten Medien. Doch im Arbeitsrecht wird dieser Grundsatz eingeschränkt: Arbeitgeber können Mitarbeitenden bereits dann kündigen, wenn ein dringender Verdacht auf eine schwerwiegende Pflichtverletzung besteht auch ohne erbrachten Beweis.

Kündigung ohne Beweis wie ist das möglich?

Der Hamburger Arbeitsrechtler Prof. Michael Fuhlrott erläutert den Hintergrund: „Bei einer Verdachtskündigung geht es nicht um die nachgewiesene Tat, sondern um den Verdacht einer gravierenden Verfehlung, der das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zerstört.“ Typische Fälle betreffen mutmaßliche Straftaten zulasten des Unternehmens oder von Kolleginnen und Kollegen.

Strenge Voraussetzungen und hohe Hürden für Arbeitgeber

Damit eine Verdachtskündigung wirksam ist, müssen jedoch klare Voraussetzungen erfüllt sein. Die Rechtsprechung verlangt konkrete Tatsachen, die eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Fehlverhalten nahelegen. Reine Vermutungen reichen nicht aus. Zudem muss der Arbeitgeber den oder die Beschäftigte vorab anhören, um eine Entkräftung des Verdachts zu ermöglichen. Auch gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit: Mildere Maßnahmen wie Abmahnung oder Versetzung müssen geprüft werden, bevor die Kündigung ausgesprochen wird.

Rechte der Beschäftigten und Wege zur Gegenwehr

Gegen eine Verdachtskündigung können sich Betroffene wehren etwa mit einer Kündigungsschutzklage, die innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht eingereicht werden muss. Im Verfahren liegt die Beweislast beim Arbeitgeber: Er muss darlegen, dass die Verdachtsmomente schwer wiegen, das Vertrauen unheilbar beschädigt ist und alle zumutbaren Aufklärungsschritte unternommen wurden.

Kommentar:

Die Verdachtskündigung bleibt ein sensibles Thema. Einerseits schützt sie Unternehmen vor potenziellen Schäden, wenn ein belastetes Vertrauensverhältnis die Zusammenarbeit unmöglich macht. Andererseits birgt sie für Beschäftigte das Risiko, allein aufgrund von Indizien ihre Stelle zu verlieren ohne je überführt worden zu sein. Hier zeigt sich, wie wichtig ein sorgfältiges Verfahren ist, das beiden Seiten gerecht wird. Transparenz, Fairness und eine klare Abwägung sind entscheidend, um Missbrauch zu verhindern und Vertrauen in das Arbeitsrecht zu bewahren.

Geschrieben von: Florian Jäger

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