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today12. Juli 2025 5
Ein Abend, der bewegt hat.
Das Bürgermeisterduell, live gesendet vom lokalen Radiosender Electronic Flow Radio, wurde nicht nur zur politischen Debatte – es wurde zum emotionalen Porträt einer Stadt zwischen Gegenwart und Zukunft. Auf der Bühne: Amtsinhaber Markus Baier (parteilos), der grüne Kandidat Dr. Burkhard Pohl und Alexander Baer von der SPD. Drei Männer, drei Stimmen – und eine gemeinsame Liebe zur Stadt Lemgo, die in jedem Satz, jedem Streitpunkt und jedem Lächeln durchschimmerte.
Eine Stadt mit Geschichte – und Hunger nach Zukunft
„Lemgo ist ein Juwel in Lippe“, sagte SPD-Kandidat Alexander Baer mit fester Stimme. „Und wenn wir wollen, dass es leuchtet, müssen wir es polieren.“ Sein Ziel: die Innenstadt reaktivieren, städtische Einrichtungen in leerstehende Immobilien holen, Frequenz erzeugen. Ein mutiger Gedanke, der nicht überall auf Zustimmung stieß – Baier warnte vor „künstlichen Verlagerungen“, etwa der Musikschule in ungeeignete Innenstadtflächen.
Die Innenstadt als Spiegelbild der Gesellschaft
Doch hinter der Diskussion um Gebäude steht eine größere Frage: Wem gehört die Stadt – und wie fühlt sie sich an?
Dr. Burkhard Pohl antwortete darauf mit Wärme und Weitsicht: „Wir brauchen eine Innenstadt, die Wohnen, Einkaufen und Freizeit gleichwertig denkt. Wir brauchen Orte, wo Menschen nicht nur durchgehen, sondern bleiben.“ Er sprach über die Aufenthaltsqualität, über Spielgelegenheiten, über Kultur für junge Leute. Und dann fiel der wohl menschlichste Satz des Abends:
„Wir werden nicht mehr die Einkaufszone vergangener Tage haben. Aber wir können einen Ort schaffen, der Menschen verbindet – durch Nähe, Regionalität und Wärme.“
Wohnen darf kein Luxus sein
Das Thema bezahlbarer Wohnraum war ein gemeinsamer Nenner – und ein politisches Versprechen aller drei Kandidaten. Baier will mit einer städtischen Genossenschaft bauen, Baer bevorzugt eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft, Pohl setzt auf alternative Wohnformen und neue Konzepte wie Erbbaurecht.
„Wir haben eine alternde Gesellschaft. Wir haben Studierende, die nach dem Abschluss gehen, weil sie hier nichts finden. Das dürfen wir nicht länger hinnehmen“, mahnte Dr. Pohl.
Alexander Baer wurde hier persönlich:
„Meine beiden Töchter – 13 und 16 – sagen mir, was fehlt. Und ich höre ihnen zu. Wenn sie nicht mehr mit dem Bus nach dem Training heimkommen, wenn sie keine Orte haben, wo sie sich treffen können – dann läuft etwas falsch.“
Mobilität – zwischen Alltag und Anspruch
Im Zentrum der Mobilitätsdebatte stand das Herzstück Lemgos: der Stadtbus. Einhellig gelobt – und doch auch kritisiert. Vor allem in Randzeiten mangele es an Möglichkeiten, wie Baer anmerkte:
„Was hilft der beste Bus, wenn er nicht mehr fährt, wenn Jugendliche nach Hause wollen?“
Auch das einst kostenlose Schülerticket sorgte für hitzige Diskussionen. Für Dr. Pohl ist es nicht nur ein Ticket, sondern ein Zeichen von Teilhabe:
„Es geht nicht nur um Schulwege. Es geht um soziale Gerechtigkeit, um Zugang zur Welt – für alle, unabhängig vom Geldbeutel.“
Baier dagegen verteidigte den Rückbau: „Viele Tickets blieben ungenutzt. Das Geld muss zielgerichtet eingesetzt werden.“ Trotzdem wolle man mit digitalen Bürgerbus-Systemen neue Wege gehen – flexibler, effizienter, auch für Randzeiten.
Der große gemeinsame Nenner: Klimaschutz
Als das Gespräch auf die Klimafrage kam, wurde aus Debatte plötzlich Dringlichkeit. Kein Thema wurde leidenschaftlicher geführt – mit Rückblicken, Visionen und, ja, kleinen Reibereien.
Dr. Pohl erinnerte an die Starkregenereignisse: „Klimaschutz ist nicht abstrakt. Es ist Schutz für unsere Kinder, unsere Häuser, unsere Lebensgrundlage.“ Er lobte Lemgos Klimaziele für 2035, mahnte aber auch: „Wir müssen schneller werden. Der Klimawandel wartet nicht.“
Baier konterte mit Fakten und Stolz:
„Wir haben unsere Ziele für 2025 bereits erreicht. Wir bauen den größten Wärmespeicher der Stadtgeschichte. Wir denken nicht mehr nur – wir machen.“
Alexander Baer, gewohnt vermittelnd, hob hervor, was zählte: „Ja, es gibt Meinungsunterschiede. Aber wenn Lemgo irgendwo wirklich führend ist, dann im Klimaschutz. Und das ist ein Verdienst aller – unabhängig von Parteifarben.“
Ein Duell – ohne Verlierer
Was diesen Abend besonders machte, war nicht die Vielfalt der Meinungen allein – sondern der Respekt, mit dem sie ausgetauscht wurden. Die Diskussionen waren hart, aber nie verletzend. Persönlich, aber nicht polemisch. Und zwischen allen Differenzen blitzte immer wieder durch, was alle drei verband: die Liebe zu dieser Stadt.
„Wir wollen alle das Beste für Lemgo – jeder auf seine Weise“, sagte Dr. Pohl zum Schluss.
Und vielleicht war genau das die stille Erkenntnis dieses Abends: Lemgo muss sich nicht für einen Weg entscheiden – sondern dafür, gemeinsam zu gehen.In einer Zeit, in der politische Diskussionen oft schrill und spaltend verlaufen, war das Bürgermeisterduell in Lemgo ein wohltuendes Beispiel für gelebte Demokratie. Emotional. Ehrlich. Engagiert.
Am Ende geht es um mehr als ein Amt. Es geht um Vertrauen. Um Richtung. Und um die Frage, wem wir zutrauen, das Herz dieser Stadt weiterzuschlagen zu lassen.
Die Wahl steht bevor. Aber die Hoffnung ist schon da.
Geschrieben von: stanley.dost
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today29. September 2025
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