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today19. Mai 2025
Von bezahlten Werbekampagnen über stille Medienzensur bis hin zu Sponsoring-Doppelmoral: Der diesjährige Eurovision Song Contest wirft gravierende Fragen über Integrität, Fairness und politische Einflussnahme auf.
Der Verdacht: Staatskampagne im Abendkleid
Der Eurovision Song Contest versteht sich als unpolitisches Musikfest – doch 2025 war davon wenig zu spüren. Recherchen von Eurovision News Spotlight enthüllten, dass die israelische Regierungswerbeagentur gezielt und mit großem Budget für den eigenen Beitrag warb. Über YouTube, Google, TikTok, Instagram und X liefen mehrsprachige Videos in 35 Ländern, die zur maximalen Televoting-Ausnutzung (20 Stimmen pro Person) aufriefen.
Mit Erfolg: Yuval Raphael, die mit ihrer Ballade „New Day Will Rise“ antrat, erhielt 297 Punkte aus dem Publikum – der höchste Wert des Abends. Die Kampagne wurde laut Recherchen staatlich finanziert und über offizielle Kanäle verbreitet, was Fragen zur Regelkonformität aufwirft und augenscheinlich die geltenden ESC-Regeln gegen politische Einflussnahme frontal verletzt.
Der verwendete Werbekanal wurde von Google Ads als verifiziert staatlich bestätigt. Auch israelische Botschaften weltweit beteiligten sich aktiv an der Mobilisierung.
Ein fragwürdiges Abstimmungssystem
Zugleich zeigen Recherchen von El País, wie leicht sich das ESC-Votingsystem manipulieren lässt. Die Onlineabstimmung ist nicht personalisiert. Es genügt eine Kreditkarte und eine E-Mail-Adresse, um 20 Stimmen abzugeben. Weitere Stimmen? Einfach eine neue Karte verwenden.
Dieses System öffnet gezielten Kampagnen Tür und Tor – ob durch Staaten, Lobbygruppen oder politische Netzwerke. Das Ergebnis: eine massive Verzerrung des eigentlichen Musikvotings.
Kritik aus Belgien und Spanien
In Belgien und Spanien hagelte es nach dem Finale Proteste. In beiden Ländern erhielt Israel 12 Publikumspunkte – bei 0 Punkten von den Jurys. Die flämische Partei Vooruit forderte eine Untersuchung durch den Sender VRT, in Spanien kündigte RTVE eine Prüfung an.
Ignasi Guardans, Ex-Direktor der EBU, sieht darin keine Zufälle: Er spricht von einer koordinierten politischen Aktivierung, unterstützt durch Botschaften, Lobbygruppen und vielleicht sogar rechtsgerichtete Netzwerke.
Streamingdaten vs. Votingergebnis
Kritik kam auch von Fans: Auf Plattformen wie Reddit weisen Nutzer darauf hin, dass „New Day Will Rise“ auf Spotify schlechter performt als Beiträge, die im Halbfinale ausschieden. Oder etwa „Róa“, dem isländischen Beitrag, der den letzten Platz im Finale belegte. Auch auf YouTube verschwand der Song schnell wieder aus den ESC-Top-Listen.
Die Frage: Wie kann ein musikalisch mittelmäßiger Beitrag das Televoting dominieren, ohne im Hörerinteresse widergespiegelt zu werden?
Gesteuerte Wahrnehmung – auch im Saal
Bei Raphaels Auftritte in Basel wurden – wie schon 2024 bei Eden Golan – künstlicher Applaus eingespielt, um Publikums-Buhrufe zu überdecken. Zahlreiche Social-Media-Videos auf Tik-Tok und Instagram belegen das.
Die EBU steht also unter Druck: Vertuscht sie kritische Reaktionen?
Hinzu kommt ein alarmierender Punkt: Laut einer Instagram-Investigation wurde es Journalist:innen untersagt, Israels Teilnahme kritisch zu thematisieren – während staatliche Stellen aber offen vermutlich in den Votingprozess eingriffen.
Diese Diskrepanz zwischen Pressezensur und staatlicher Einflussnahme stellt den ESC als unpolitisches Event fundamental infrage.
Der Sponsor: Moroccanoil – ein politischer Schönheitsfleck?
Ebenfalls im Kreuzfeuer steht der ESC-Hauptsponsor Moroccanoil. Der Markenname suggeriert marokkanische Herkunft – doch das Unternehmen stammt aus Tel Aviv. Das Arganöl wird zwar z.B. aus Marokko importiert, produziert wird aber in Israel. Kritiker diskutieren schon länger über Herkunft und Markenimage der Firma.
Seit 2020 ist Moroccanoil Sponsor des Wettbewerbs – mitsamt des „Turquoise Carpet“ statt dem Roten Teppich. Die Partnerschaft wurde bis 2025 verlängert.
Das Sponsoring wirft Fragen auf: Mehrere Petitionen fordern den Ausschluss des Unternehmens. Kritiker vermuten, dass Israels ESC-Teilnahme auch aus finanziellen Gründen von der EBU nicht infrage gestellt wird.
Doppelmoral im Vergleich zu Russland?
Ein wiederkehrendes Argument ist auch: 2022 wurde Russland aufgrund des Angriffskriegs gegen die Ukraine ausgeschlossen. Im Fall Israels gab es trotz anhaltender Kritik über das überzogene Vorgehen in Gaza keine vergleichbare Konsequenz – was von einigen Beobachter:innen als inkonsistente Linie der EBU kritisiert wird. Moroccanoils Heimatland Israel wurde nicht ausgeschlossen – trotz Kriegsverbrechen-Vorwürfen und internationaler Proteste. Für viele ist das eine klare Doppelmoral, die die Glaubwürdigkeit des Wettbewerbs beschädigt.
Fazit: Zwischen Bühne, Botschaft und Propaganda
Der ESC 2025 war kein musikalisches Fest mehr, sondern ein Schaufenster globaler Einflussstrategien. Während Künstler:innen um Jury-Sympathie und Fan-Votes rangen, nutzte ein Staat gezielt sein PR-Arsenal – legal, im Graubereich, rechtlich vielleicht zulässig – ethisch jedoch höchst umstritten.
Wenn der Eurovision Song Contest seinen Anspruch als unpolitisches, völkerverbindendes Event wahren will, muss die EBU dringend Reformen einleiten: transparentere Votingstrukturen, klare Regeln gegen staatliche Werbung und ein Sponsoring, das Integrität über Marktwert stellt, sowie klare Regeln gegen nachgewiesene Menschenrechtsverletzungen und erzwungene Pausen oder Ausschlüsse für Länder, die Kriege hervorrufen oder kriegsähnliche Zustände absichtlich herbeirufen.
Was die EBU sagt (Stand: Redaktionsschluss)
Auf eine Presseanfrage zur Bewertung staatlicher Werbekampagnen verwies die EBU wie so oft auf ihre Statuten, äußerte sich jedoch nicht konkret zur israelischen Kampagne. In der Vergangenheit betonte die EBU bereits, dass „politische Neutralität und Fairness Grundwerte des Wettbewerbs“ seien.
Geschrieben von: stanley.dost
today29. September 2025
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