Europa

Jahrhundertealte Tradition, spannungsgeladene Gegenwart – das Konklave

today6. Mai 2025

Hintergrund
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Ab Mittwoch richtet sich der Blick der Weltöffentlichkeit erneut auf die Sixtinische Kapelle im Vatikan. Hinter verschlossenen Türen treten die wahlberechtigten Kardinäle zum Konklave zusammen – jener traditionsreichen und geheimnisumwobenen Zeremonie, bei der ein neuer Papst gewählt wird. Der Ablauf ist streng geregelt: Erst wenn sich mindestens zwei Drittel der Kardinäle auf einen Nachfolger für den Heiligen Stuhl geeinigt haben, steigt weißer Rauch über Rom auf.

Doch so fest die Regeln heute erscheinen, so abwechslungsreich und bisweilen skurril ist die Geschichte des Konklaves. Die längste Papstwahl etwa dauerte unglaubliche 33 Monate: Von 1268 bis 1271 rangen die Kardinäle in Viterbo nördlich von Rom um einen Kompromiss zwischen italienischen und französischen Interessen. Erst als die Bürger der Stadt das Dach der Versammlungshalle abdeckten und die Lebensmittel rationierten, kam Bewegung in die Wahl – mit Gregor X. als Ergebnis. Der frisch gewählte Papst reagierte prompt: Er legte 1274 verbindliche Regularien für künftige Konklaven fest – viele davon prägen den Ablauf bis heute.

Nicht immer lief es so zäh. Das wohl kürzeste Konklave der Geschichte endete bereits nach wenigen Stunden: Am 31. Oktober 1503 wurde Julius II. fast einstimmig zum Papst gewählt.

Auch der Ort des Konklaves war über Jahrhunderte keineswegs auf den Vatikan beschränkt. Noch im Jahr 1800 wählten die Kardinäle in Venedig, da in Rom die politische Lage unsicher war. Und beim Konstanzer Konzil 1417 wurde Martin V. sogar auf deutschem Boden zum Papst bestimmt – ein historisches Kuriosum.

Spektakulär ist auch der Blick auf Alter und Herkunft der Päpste: Der jüngste war Johannes XII., der bereits mit 18 Jahren 955 das Amt übernahm. Auf der anderen Seite des Spektrums steht Coelestin III., der 1191 im biblischen Alter von knapp 85 Jahren gewählt wurde. Der heutige Papst Franziskus war bei seiner Wahl 76 Jahre alt – ein Alter, das im aktuellen Konklave schon als „jung“ gelten kann.

Mit jedem neuen Konklave lebt ein faszinierendes Ritual wieder auf, das Tradition, Glaube und Weltgeschichte miteinander verbindet. Während draußen die Welt wartet, entscheiden drinnen Gebet, Diskussion – und am Ende: der Rauch.

Geschrieben von: Dirk Lankow

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