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today29. April 2025 5
Kernkraft als Hoffnungsträger der Union? Während CDU und CSU in den Koalitionsverhandlungen Atomenergie als Schlüssel zur Klimaneutralität ins Spiel bringen, sprechen die Fakten eine andere Sprache: exorbitante Kosten, technische Probleme, und eine fatale Fehlkalkulation der politischen Realität.
Der politische Wille ist klar formuliert: Die Union will die Kernkraft zurück. CDU-Chef Friedrich Merz sieht im ersten Fusionsreaktor der Welt einen deutschen Zukunftsort – Windkraft bezeichnet er dagegen als Übergangstechnologie. Im Koalitionspoker mit der SPD fordert die Union, den Rückbau abgeschalteter Atomkraftwerke zu stoppen. Doch hinter dem energiepolitischen Vorstoß steckt mehr Vision als Vernunft.
Ein Blick über die Grenze entzaubert den Atom-Traum
Frankreich gilt als Musterland der Kernenergie – mit 57 Reaktoren, die rund 70 Prozent des Stroms liefern. Doch dieser Atomkurs hat seinen Preis: Der neue Reaktor im nordfranzösischen Flamanville verschlingt inzwischen 23,7 Milliarden Euro, siebenmal mehr als ursprünglich geplant. Seit seiner offiziellen Inbetriebnahme Ende 2024 hat der Reaktor keinen Strom geliefert – ein technischer Defekt macht ihn zum Stromfresser statt -lieferanten.
Auch der französische Rechnungshof urteilt klar: Die geplanten neuen Reaktoren seien wirtschaftlich hoch riskant. Die Erfahrungen mit Flamanville und dem britischen Hinkley-Point-Projekt – das mittlerweile dreimal so teuer wird wie gedacht – lassen an der Rentabilität zukünftiger Projekte zweifeln. Von einem „nuklearen Albtraum“ ist in Frankreichs Presse bereits die Rede.
Kernfusion – eine Zukunftstechnologie im Zeitlupentempo
Noch weiter von der Realität entfernt ist der zweite Teil der Unionsträume: die Kernfusion. Der internationale Forschungsreaktor ITER im südfranzösischen Cadarache wird frühestens 2039 einen ersten Versuchsbetrieb aufnehmen – vier Jahre später als geplant. Strom produzieren wird er vor 2045 nicht. Bis dahin fließen weitere Milliarden. Ein rentabler Betrieb? Ungewiss.
Teure Illusion auch in Deutschland
Während CDU-nahe Thinktanks und Lobbyvereine wie Nuklearia und KernD eine Renaissance der Atomkraft propagieren, widersprechen die Fakten: Der Rückbau deutscher Meiler ist weit fortgeschritten – eine Wiederinbetriebnahme laut Betreiber EnBW „praktisch irreversibel“. Zudem fehlen Personal, Technik, und gesetzliche Grundlagen. Energieexperten wie Bruno Burger vom Fraunhofer ISE halten die Reaktivierung für technisch wie wirtschaftlich nicht machbar: „Zwei Milliarden Euro pro Meiler – und trotzdem nicht wettbewerbsfähig.“
Lobbydruck statt Energiewende
Hinter der Atom-Offensive stehen auch wirtschaftliche Interessen: Der Verein KernD wird von einem Verlag mit Wurzeln in der Atomwirtschaft getragen, enge Kontakte zur Union inklusive. In Medien und sozialen Netzwerken werden Narrative gestreut, die mit der Realität wenig zu tun haben – etwa die angeblich schnelle Wiederinbetriebnahme von sechs deutschen Atomkraftwerken. Fachleute und Betreiber widersprechen deutlich.
Falsches Signal für die Klimaziele
Selbst als Ergänzung zu erneuerbaren Energien taugt Atomkraft kaum. Sie ist teuer, träge und unflexibel. Die europäische Strombörse bevorzugt günstige, kurzfristig steuerbare Anbieter – genau das ist Atomkraft nicht. Und selbst wenn Fusion irgendwann funktionieren sollte: Bis 2045, dem Jahr der anvisierten Klimaneutralität, hilft sie nicht. Im Gegenteil: Die Abwärme von Atomkraftwerken, warnt Klimaforscher Stefan Rahmstorf, trage zur Erderwärmung bei.
Geschrieben von: stanley.dost
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