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today7. April 2025 5
Mit einer Entscheidung, die viele fassungslos zurücklässt, hat ein Richter des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster im März 2025 den Weg für den Bau von sieben gigantischen Windrädern auf der Gauseköte freigemacht – gegen den erklärten Willen von Regionalrat, Bezirksregierung und Kreis Lippe. Die Anlagen, mit einer Höhe von über 250 Metern, sollen mitten im hochsensiblen Natur- und Kulturlandschaftsraum des Teutoburger Waldes entstehen.
Kritiker sprechen von einem juristischen Alleingang: Ohne offizielle Vorlage und entgegen der einstimmigen Ablehnung durch die Bezirksregierung Detmold hat der Richter zugunsten der Windkraft entschieden – mit möglicherweise gravierenden Folgen. Der Kreis Lippe sieht sich nun einem enormen Risiko von Schadensersatzforderungen ausgesetzt, während Waldbesitzer und Investoren mit Millionengewinnen rechnen.
Protest aus Bevölkerung und Politik ignoriert
Die Entscheidung fällt nicht nur ökologisch und landschaftlich schwer ins Gewicht, sondern auch politisch. Über 10.000 Bürgerinnen und Bürger hatten eine Petition gegen den Bau unterzeichnet. Auch Gemeinden, Naturschutzverbände und lokale Initiativen hatten sich klar gegen das Projekt ausgesprochen – vergeblich. Die industrielle Anlage soll nun in unmittelbarer Nähe zu Natura-2000-Gebieten, Vogelschutzarealen und bedeutenden Kulturstätten wie dem Hermannsdenkmal, der Adlerwarte Berlebeck und der Falkenburg entstehen.
„Die Bedeutung jahrzehntelanger ehrenamtlicher und öffentlicher Arbeit für den Erhalt der Kulturlandschaft wird durch diese Entscheidung ad absurdum geführt“, heißt es von Seiten der Bürgerinitiative.
Rechtliche Grauzonen – moralische Leere
Juristisch ist der Vorgang kaum anzugreifen, doch in der politischen und öffentlichen Bewertung sorgt er für Kopfschütteln. Der betreffende Richter gilt als Windkraftbefürworter und soll gezielt in einem Nebenverfahren tätig geworden sein – zum denkbar „günstigsten Zeitpunkt“ für Betreiberinteressen, kurz vor der Rechtskraft der Regionalplanänderung „Wind“. Diese hätte den Bau solcher Anlagen außerhalb definierter Vorranggebiete weitgehend verhindert.
Besonders kritisiert wird auch der betroffene Waldeigentümer, der trotz öffentlicher Fördermittel für den Erhalt seiner Kulturgüter nun wirtschaftliche Interessen über Natur- und Artenschutz stellt. „Von einem Verantwortungsgefühl für das Allgemeinwohl ist hier nichts zu spüren“, so ein Sprecher der Initiative. Die geplanten Windräder würden keinen substanziellen Beitrag zur Energiewende leisten, da bereits ausreichend Vorrangflächen für Windkraft im Regionalplan vorgesehen seien.
Offene Fragen und juristische Prüfung
Neben den politischen und moralischen Fragen bleibt die technische Umsetzung unklar: Statiknachweise, Baugrunduntersuchungen und Netzanschlüsse fehlen bisher. Der Ausbau schwerlastfähiger Straßen, die Durchleitung neuer Stromtrassen durch Wald und Ortschaften sowie mögliche Enteignungen werfen weitere Schatten auf das Projekt.
Die Naturschutzverbände prüfen derweil mögliche Klagewege. „Der Eingriff in ein einzigartiges Naturgebiet ist nicht nur ökologisch fragwürdig, sondern könnte auch rechtlich angreifbar sein“, heißt es aus Verbandskreisen.
Appell an die Politik: EEG anpassen, Natur schützen
Im Zentrum der Debatte steht nun das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das den Ausbau von Windkraft als „überragendes öffentliches Interesse“ einstuft – ein Vorrang, der laut Kritikern dringend überarbeitet werden müsse. Denn wo dieser Anspruch pauschal alle anderen Schutzgüter verdrängt, wird die Natur zur Verliererin der Energiewende.
Die Forderung ist klar: Der neue Bundestag muss handeln – und aus der „Causa Gauseköte“ lernen. Bis dahin bleibt bei vielen ein bitterer Nachgeschmack. Die Zukunft einer der landschaftlich schönsten Regionen Nordrhein-Westfalens hängt am seidenen Faden.
Geschrieben von: stanley.dost
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