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Ein Jahr Cannabis-Legalisierung: Zwischen Ernüchterung und neuen Herausforderungen

today1. April 2025

Hintergrund
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Vor einem Jahr trat in Deutschland die Teillegalisierung von Cannabis in Kraft: Erwachsene dürfen seitdem bis zu 25 Gramm Cannabis mit sich führen. Die Reform wurde kontrovers diskutiert, insbesondere mit Blick auf die möglichen gesundheitlichen Folgen. Kritiker warnten vor einem Anstieg des problematischen Konsums und einer Zunahme von Suchterkrankungen. Eine dieser Kritikerinnen war Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie. Wir ziehen mit ihr Bilanz: Ist es wirklich so schlimm gekommen?

Steigende Fallzahlen in Kliniken und mehr problematischer Konsum?

„Tatsächlich sehen wir in psychiatrischen und Suchtkliniken eine Zunahme von Patienten mit cannabisbedingten Problemen“, erklärt Gouzoulis-Mayfrank. Besonders jüngere Menschen würden vermehrt aufgrund von Cannabis-induzierten Psychosen oder Abhängigkeitsentwicklungen behandelt. Zwar sei es noch zu früh, um eine vollständige wissenschaftliche Bewertung der Auswirkungen der Legalisierung vorzunehmen, doch die ersten Tendenzen seien besorgniserregend.

Lernen aus anderen Ländern

Ein Blick ins Ausland zeigt: Deutschland ist nicht das erste Land, das Cannabis zumindest teilweise legalisiert hat. „In Kanada und einigen US-Bundesstaaten gab es nach der Legalisierung zunächst einen Anstieg des Konsums, insbesondere bei jungen Erwachsenen“, berichtet die Psychiaterin. „Allerdings stabilisierte sich dieser Anstieg in einigen Regionen nach wenigen Jahren wieder.“ Die Frage sei daher, ob Deutschland langfristig eine ähnliche Entwicklung erleben werde oder ob sich die negativen Effekte verfestigen.

Wachsende Sorgen in der medizinischen Praxis

Auch Rückmeldungen von Ärzten und Klinikpersonal deuten darauf hin, dass die Legalisierung Auswirkungen auf den Alltag im Gesundheitswesen hat. „Wir hören immer wieder von Notaufnahmen, die mehr Fälle von akuten Psychosen oder anderen cannabisbedingten Notfällen behandeln müssen“, so Gouzoulis-Mayfrank. Besonders problematisch sei die häufig unkritische Wahrnehmung von Cannabis als vermeintlich harmlose Droge.

Die nach wie vor bestehenden Probleme

Trotz der Legalisierung existieren weiterhin Herausforderungen, etwa der Schwarzmarkt. „Es ist naiv zu glauben, dass die organisierte Kriminalität sich einfach zurückzieht. Es gibt weiterhin illegale Anbieter, die Cannabis mit höherem THC-Gehalt verkaufen“, warnt sie. Zudem bleibe unklar, inwieweit die Legalisierung den Jugendschutz verbessere, da Jugendliche weiterhin illegal beschaffen können.

Wann beginnt problematischer Konsum?

Laut der Expertin beginnt problematischer Konsum dann, wenn Cannabis nicht mehr gelegentlich, sondern regelmäßig konsumiert wird und negative Folgen für den Alltag entstehen. „Wenn jemand nur noch unter Einfluss von Cannabis entspannen kann, soziale Kontakte vernachlässigt oder Probleme in Schule und Beruf bekommt, ist Vorsicht geboten“, erklärt sie. Besonders riskant sei der Konsum für Jugendliche, deren Gehirne sich noch in der Entwicklung befinden.

Gibt es auch positive Aspekte der Teillegalisierung?

Trotz ihrer kritischen Einschätzung sieht Gouzoulis-Mayfrank auch positive Aspekte der Reform. „Die Entkriminalisierung für Erwachsene kann dazu führen, dass sich Konsumenten eher medizinische Hilfe suchen, ohne Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen zu haben.“ Zudem könnte eine regulierte Abgabe dazu beitragen, die Qualität und Reinheit der Substanzen besser zu kontrollieren. Dennoch betont sie: „Wir müssen die Entwicklungen sehr genau im Auge behalten und gegebenenfalls nachsteuern.“

Fazit

Ein Jahr nach der Cannabis-Teillegalisierung zeigt sich ein gemischtes Bild: Während sich manche Befürchtungen der Kritiker zu bestätigen scheinen, gibt es auch Chancen durch die neue Regelung. Entscheidend wird sein, die Auswirkungen weiter zu beobachten und gegebenenfalls gesetzliche Anpassungen vorzunehmen.

Geschrieben von: stanley.dost

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